Der Blick durchs Fernglas

 

Ein Jäger zu sein ist in der heutigen Gesellschaft manchmal nicht ganz so einfach. (Nicht mit den Augen rollen ;) ... einfach weiterlesen, denn das soll kein „keiner versteht uns“- Bericht werden, sondern eher ein „genau darum“- Bericht)

 

Also nochmal von vorne: Ein Jäger zu sein ist in der heutigen Gesellschaft manchmal nicht ganz so einfach. Die Akzeptanz ist zwar recht groß, aber bei Weitem nicht mehr so alltäglich, wie sie es wohl vor ein paar Jahrzehnten noch war. Wir haben mit vielen Vorurteilen und Klischees zu kämpfen, werden meist lediglich auf den Moment des Schusses reduziert, Natur- und Tierschützer sind wir schon mal gar nicht, sondern müssen uns Mörder oder Lusttöter nennen lassen. Da heißt es natürlich Ruhe bewahren, versuchen Aufklärungsarbeit zu leisten und unsere Aufgaben zu erklären.

Als Jäger trägt man eine große Verantwortung und das Aufgabengebiet ist breit gefächert und sehr vielseitig. Einen Teil der Aufgaben möchte ich mal auflisten:

 

-auf einen artenreichen, angepassten und gesunden Wildbestand achten,

-anlegen von u.a. Wildäckern, Wildwiesen und Benjeshecken,

-das Revier von Müll befreien, welcher achtlos abgeladen wurde,

-Ansitzeinrichtungen bauen und pflegen,

-Kontakte zu den Landwirten pflegen, um eine gute Zusammenarbeit zu gewährleisten, z.B. um die Wiesen vor der Mahd nach Jungtieren abzusuchen,

-nach einem Verkehrsunfall mit Wild genau dieses zu finden und zu bergen,

-versuchen Verkehrsunfälle zu vermeiden durch Anbringen von Wildwarnreflektoren,

-das Wild in Notzeiten füttern,

-ausbringen von Salzlecken,

-Wildschäden auf Wiesen, Feldern und in Wäldern verhindern und ggfs. beseitigen,

-Aufklärungs- und Öffentlichkeitsarbeit leisten, um Menschen das zum Großteil verloren gegangene Gefühl für die Natur wieder näher zu bringen.

...

 

Diese Liste läßt sich unendlich fortsetzen. Und ganz zum Schluss steht auf der Liste:

-die Beschaffung eines sehr hochwertigen Lebensmittels, nämlich Fleisch. Das Erlegen von Wild, welches in Art und Anzahl vom Gesetzgeber genau vorgegeben wird, gehört nun mal dazu, aber es macht vielleicht 1-2 % der gesamte Aufgaben eines Jägers aus.

All diese Arbeit leistet und erfüllt er voller Hingabe und gewissenhaft. Warum? Sicher nicht um berühmt zu werden und schon gar nicht um reich zu werden... ganz im Gegenteil, denn diese aufgelisteten Maßnahmen kosten Geld, sein Geld.

 

Aber ich schweife ab... Worauf ich mit diesem Blogeintrag eigentlich hinaus will ist folgendes: All diese Dinge, die ich nun geschrieben und aufgelistet habe, beschreiben nicht im Entferntesten das, was einen Jäger wirklich antreibt. Dies sind alles Dinge, die lediglich zu den Pflichten eines Jägers gehören (was natürlich nicht heißen soll, dass sie keine Freude machen!! Im Gegenteil!). Was ihn aber wirklich bewegt sind andere Dinge... nämlich jene, die man nur durch das Fernglas sehen kann. Jene Details, die einem beim nur flüchtigen Blick verborgen bleiben.

 

Wart ihr schon mal draussen, bevor der Tag erwacht, wenn noch alles in einem leichten Nebel liegt und der erste Vogel des Tages ganz leise anfängt zu singen?

Habt ihr schon mal in freier Wildbahn beobachtet, wie eine Ricke ihre Kitze umsorgt? Wie zwei Füchse, die sich über Wochen jeden Abend an der gleichen Stelle wiedertreffen, sich sichtlich freuen, gegenseitig putzen und zusammen über die Wiese toben? Oder einen Rehbock, der eine Stunde so nah neben euerm Sitz liegt und döst, dass ihr durch das Fernglas jedes einzelne Haar seiner Decke erkennen könnt? Wie eine vierköpfige Dachsfamilie quer über die Wiese stromert?… Rotwild, welches so nah steht, dass man es äsen hören kann... oder einen Rothirsch, der 40m vor euch ein Alttier treibt und mit seinem Brunftschrei eure Nackenhaare hochstehen läßt?

 

Für mich ist es ein unbeschreibliches Gefühl zum Beobachter dieser Schauspiele zu werden. Mich völlig unbemerkt in die Natur einzugliedern, ein Teil von ihr sein zu können ohne zu stören. Einfach als stiller Beobachter. Bei solchen Anblicken schlägt das Herz vor Freude bis zum Hals und man kann es nur genießen, wenn man sich selbst komplett zurück nimmt. Ein Umstand, welcher ebenfalls in der heutigen Gesellschaft selten zu finden ist... sich selbst mal zurück zu nehmen... mal nicht im Mittelpunkt stehen zu wollen... mal nicht lauter „brüllen“ zu wollen als alle anderen... mal nicht die Ellbogen ausfahren zu müssen, um bestehen zu können.

In diesen Momenten, wo man dort sitzt und all das erleben kann, ist man ein sehr dankbarer Teil des Ganzen.

 

Seht ihr... ein „genau darum“- Bericht!

 

 

Liebe Grüße und Waidmannsheil!

 

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